Rufname: Paula

15.04.1864 in Wolfskehlen – 09.06.1942 in Köln-Müngersdorf (Fort V), Sammellager

 

Religionszu­gehörigkeit: jüdisch
Eltern: Johanna (Hannche) Neustädter, geb. Baum und Meyer Neustädter (1824-1890)
Geschwister: Adolf Neustädter 06.06.1869 in Wolfskehlen - 03.12.1942 in Auschwitz)
Sigmund Samuel Neustädter (geb. 21.06.1870 - 14.11.1935 in Duisburg-Marxloh)
Karoline (Karola) Neustädter (29.09.1872 in Wolfskehlen - 10.06.1942 in Köln-Müngersdorf)
Jenny Johanna Löb, geb. Neustädter (24.07.1879 in Wolfskehlen)
Beruf: Volontärin (MK), Verkäuferin, Korsettiere, Geschäftsführerin eines Korsettgeschäfts

 

 

Wohnorte: Wolfskehlen
09.04.1891 Detmold, Lange Str. 71 b. Erda
06.02.1904 aus Frankfurt/M. nach Würzburg, Juliuspromenade 6 [gestr.], 72
20.07.1924 Würzburg, Heidingsfelderstr. 18/1
15.07.1932 Würzburg, Uhlandstr. 18 I
01.12.1938 Duisburg-Hamborn, Im Birkenkamp 2 bei Neustädter
29.12.1938 abgemeldet nach Neuenahr, Hindenburgstr. 4
vermutlich ab 1939 Köln, Mozartstr. 24 (sog. Judenhaus) [durchgestr.] Salierring 48 (sog. Judenhaus)

 

Pauline Neustädter war im Alter von 27 Jahren in Detmold in der Langen Straße 71 gemeldet, wo sie - so lässt es die Meldekarte vermuten - im Konfektionsgeschäft Erda als Volontärin beschäftigt war. Einige Zeit verbrachte sie in Frankfurt am Main, wo sie zusammen mit ihrer Schwester Karoline wahrscheinlich bei ihrem Bruder Adolf wiederum als Verkäuferin tätig war, bevor die Schwestern ab 1904 nach Würzburg zogen und dort das Geschäft "Geschwister Neustädter Korsettenhaus" führten. Dieser Betrieb bestand zwanzig Jahre lang in der Juliuspromenade 72.

1924 eröffneten sie ihr Geschäft in der Domstraße 60, wo es bis zum Jahr 1936 fortbestand. Die beiden Schwestern wohnten zusammen in der Uhlandstraße.

Im November 1938 wurden die Schwestern Neustädter des Diebstahls verdächtigt und denunziert. Es wurde ihnen unterstellt, vier mit Wäschezeichen von u. a. einem Hotel versehene Handtücher, die sie zur Wäscherei gebracht hatten, gestohlen zu haben, da man offenbar davon ausging, dass die Jüdinnen die Wäsche nicht rechtmäßig erworben haben konnten. Die beiden Frauen wurden durch die Kriminalpolizei befragt, jedoch konnte der Verdacht eindeutig widerlegt werden, und der Fall galt mit dem 24. November 1938 als abgeschlossen.

Pauline und Karoline Neustädter verließen dennoch daraufhin Würzburg und zogen zu ihrem Bruder Adolf und dessen Familie nach Duisburg-Hamborn. Im Frühjahr 1939 gelang Adolf Neustädter und seiner Familie die Flucht in die Niederlande. Dort hatte bereits seine Nichte mit ihrer Familie 1933 Zuflucht gefunden, nachdem deren Vater Siegmund im November 1933 von Hitlerjungen erschlagen worden war. Doch auch für sie waren die Niederlande nur eine vorübergehende Rettung.

Karoline und Pauline Neustädter bleiben nun allein zurück und zogen 1939 nach Köln zu Freunden in die Mozartstraße 24. Dieses Haus wurde ab Mai 1941 als sog. Judenhaus genutzt. Bei der in den Meldeunterlagen dokumentierten Adresse Salierring 48, handelte sich ebenfalls um ein "Judenhaus".
Eine erhalten gebliebene Postkarte aus dem Ghetto Litzmannstadt vom 13. Dezember 1941 weist darauf hin, dass die Schwestern Neustädter den dorthin deportierten Freunden Paula und Jacob Jacobi noch Geld geschickt hatten.

Am 15. Juni 1942 wurden 963 Menschen aus den Kölner sog. Judenhäusern, der Rheinlandloge und vor allem aus dem ehemaligen Militärgefängnis Fort V und nunmehr dem Sammellager Müngersdorf, in dem sich auch die Schwestern Neustädter vermutlich zwischen Anfang und Mitte 1942 hatten einfinden müssen, nach Theresienstadt deportiert. Ein weiterer Deportationszug mit über tausend Menschen verließ ebenfalls an diesem Tag Köln vermutlich in das Vernichtungslager Sobibor. Kurz vor diesen Deportationen verübten zahlreiche Menschen in den "Judenhäusern" und im Lager Suizid. Auch Pauline und Karoline Neustädter wählten den Freitod durch Schlafmittelvergiftung.
Karoline Neustädter starb einen Tag später als ihre Schwester am 10. Juni 1942.

Ihr Bruder Siegmund Samuel Neustädter lebte als Kaufmann mit seiner Frau Selma und den drei Kindern Karl, Hedwig und Ernst in Duisburg. Er wurde am 14. November 1933 in Duisburg-Marxloh von Hitlerjungen ermordet.
Ihr Bruder Adolf Neustädter lebte ebenfalls in Duisburg und emigrierte am 6. März 1939 in die Niederlande nach Zwolle. Aus dem Durchgangslager Westerbork wurden er und seine Frau Sophie, geb. Epstein am 30. November 1942 nach Auschwitz deportiert, wo beide am 3. Dezember 1942 ermordet wurden. Adolf und Sophie Neustädter wurden für tot erklärt.
Ihre Schwester Jenny Löb lebte in Großkrotzenburg und in Frankfurt am Main. Sie wurde am 19. Mai 1942 deportiert. Die Transporte aus diesem Zeitraum (8. Mai, 24. Mai und 11. Juni 1942) hatten das Konzentrations- und Vernichtungslager Majdanek oder das Durchgangslager Izbica zum Ziel. Der Deportationsort von Jenny Löb ist nicht bekannt.

 

   

QUELLEN: StdA DT MK; Stadt Riedstadt; Ev. Kirchengemeinde Wolfskehlen; StdA Griesheim; Institut für Stadtgeschichte Frankfurt; Hessisches Landesarchiv Hessisches Staatsarchiv Darmstadt; Staatsarchiv Würzburg Gestapoakte 8636; StdA Würzburg; StdA Duisburg; Arolsen Archives; Archiwum Panstwowe w Lodzi (https://szukajwarchiwach.pl/39/278/0/30/2319/str/1/12/100#tabSkany - Bl. 1122 & Bl. 1123 (Bestand: Der Älteste der Juden im Ghetto Litzmannstadt: Postabteilung. Aktentitel: Beschlagnahmte Post aus dem Ghetto 1941-1942); www.joodsmonument.nl; www.geni.com

 

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DOKUMENTE

 

Dokument 1

Einwohnermeldekarte für Pauline Neustädter in Detmold (StdA DT MK)

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